Die Welt um Elemente erweitert

CHEMIE - Treffen von Grundlagenforschern findet zurzeit in Wilhelmshaven statt


Auf der Erde kommen 92 chemische Elemente natürlich vor. Weitere von 93 bis 118 haben Wissenschaftler experimentell hergestellt – derzeit nur zum Erkenntnisgewinn.

 

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Elemente-Entdecker treffen sich in Wilhelmshaven
(Quelle: NDR / Hallo Niedersachsen - 26.08.2019)


WILHELMSHAVEN.
Die Welt der Elemente-Forscher hat Wilhelmshaven entdeckt – als gerade richtigen Ort, um erstmals nach 20 Jahren wieder die Internationale Konferenz zur Chemie und Physik der schweren Elemente (TAN) in Deutschland stattfinden zu lassen. Ausrichter der Konferenz sind das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt, die Johannes-Gutenberg-Universität und das Helmholtz-Institut Mainz.

Die Ortswahl kommt nicht von ungefähr. Historisch präziser würde man in Varel tagen, doch genießt Wilhelmshaven den Vorzug des richtigen Konferenz-Hotels, des Atlantic.

Varel deshalb, weil der weltberühmte Chemiker Lothar Meyer (1830 bis 1895) dort geboren wurde. Meyer ist neben Dmitri Mendelejew Begründer des Periodensystems der chemischen Elemente.

Bis Freitag diskutieren 120 Forscherinnen und Forscher aus 19 Ländern und vier Kontinenten neue Erkenntnisse über die Transactinoiden (TAN), die der Konferenz den Namen geben. Mit den Transactinoiden sind die Elemente ab Ordnungszahl 104 gemeint, die durch Kernfusionen künstlich erzeugt werden können und in den vergangenen Jahrzehnten durch aufwendige Forschungen ermittelt wurden.

Vier dieser Elemente-Entdecker nehmen an der Wilhelmshavener Tagung teil.

Das Periodensystem der chemischen Elemente ordnet diese nach ihrem Atomgewicht. Die neu entdeckten, schwersten Elemente, die künstlich erzeugt werden und sehr schnell wieder zerfallen, liefern nicht zuletzt wichtige Erkenntnisse über die Ursprünge des Weltalls, den Zustand kurz nach dem Urknall, aber auch über die physikalisch-chemischen Prozesse bei Sternexplosionen und anderen Ereignissen im Weltall.

Erzeugt werden diese Elemente in Teilchenbeschleunigern wie dem am Helmholtzzentrum in Darmstadt. Doch nicht nur ihre Existenz, auch ihre möglichen Eigenschaften sind Gegenstand des wissenschaftlichen Interesses, erläuterten Christoph Düllmann und Michael Block, Organisatoren der TAN, Professoren an der Universität Mainz und Leiter der GSI und HIM-Forschungsabteilungen zur Chemie der schweren Elemente bzw. zu deren Physik. Eine Frage ist beispielsweise, ob die hohe Kernladung in den „exotischen“ Atomen die Elektronenhülle durcheinanderwirbelt und dadurch zu unerwarteten chemischen Eigenschaften führt.

Mittels spektroskopischer Untersuchungen lassen sich Anordnung und Energieniveaus der Kernbausteine bestimmen und hochpräzise Massenmessungen der Kerne durchführen, um das Verhalten der Elemente im Detail zu verstehen und die aktuellen Kernmodelle weiter zu verbessern.

Neben dem wissenschaftlichen Diskurs findet auch ein Symposium mit Informationen über die Historie des Periodensystems und der Elemententdeckungen sowie einem Ausblick auf die Zukunft der Erforschung der schweren Elemente statt.

So sind neue, größere Teilchenbeschleuniger im Bau, unter anderem in Darmstadt, mit denen man sich auf die Suche nach den Elementen 119 und 120 machen will. Für deren Existenz gibt es wissenschaftliche Theorien. So holen die Forscher gewissermaßen „das Universum ins Labor“.

Hartmut Siefken

 

Anordnung der Elemente im Periodensystem

Vor 150 Jahren ordneten der russische Chemiker Dmitri Mendelejew und der gebürtige Vareler Lothar Meyer unabhängig voneinander die chemischen Elemente nach ihrem Atomgewicht in einem Periodensystem und veröffentlichten ihre Forschungen. Dieses Jubiläum war Anlass für die Unesco, 2019 zum Internationalen Jahr des Periodensystems auszurufen.

Eine wichtige Wissenschaftler-Tagung, die Konferenz zur Chemie und Physik der schweren Elemente (TAN), findet nach 20 Jahren erstmals wieder in Deutschland statt, und zwar noch bis Freitag in Wilhelmshaven. 120 Forscherinnen und Forscher aus 19 Ländern diskutieren Ergebnisse und Entwicklungen ihres Forschungsgebiets.

Das Treffen ist deshalb historisch, weil vier Entdecker von zuvor unbekannten chemischen Elementen an der Konferenz teilnehmen: die emeritierten Professoren Peter und Gottfried Münzenberg, die in ihren aktiven Forschungslaufbahnen leitende Positionen bei der Erzeugung der Elemente 107 bis 112 des Periodensystems am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung innehatten, sowie Professor Juri Oganesjan, Elemententdecker aus Russland und aktuell der einzige lebende Mensch, nach dem ein chemisches Element benannt ist, das Oganesson. Er war Leiter des Entdeckerteams der Elemente 114 bis 118. Aus Japan angereist Dr. Kouji Morimoto, der Mitglied des Entdeckerteams von Element 113 war.

Jetzt machen sich die Forscher auf den Weg, um die superschweren, theoretisch möglichen Elemente 119 und 120 zu erzeugen.

(Quelle: Nordwest Zeitung Wilhelmshaven)